Die Begriffe Gemeinsinn und Gemeinwohl in islamischen Staatstheorien
Time
Thursday, 11. November 2021
18:00 - 19:30
Location
Online-Veranstaltung
Organizer
Projekt "Gemeinsinn"
Speaker:
Dr. Elena Sahin
Die Begriffe Gemeinsinn und Gemeinwohl in islamischen Staatstheorien - Ibn al-Azraqs allumfassender Begriff von maṣlaḥa (Gemeinwohl) als Kritik an Ibn Khaldūns 'Gruppensolidarität' (ʿaṣabiyya)
Kaum ein arabischer Gelehrter der Vormoderne ist so bekannt wie Ibn Khaldūn (st. 1406), der in seiner Einführung (Muqaddima) in seine Universalgeschichte (Kitāb al-ʿIbar) eine soziologisch-philosophische Theorie von Geschichtsabläufen und Gesellschaften vorstellt. Den Kernpunkt seiner Theorie bildet die Gruppensolidarität (ʿaṣabiyya), die eine soziale Kraft beschreibt, die Gesellschaftsstrukturen und den Ablauf der Geschichte bestimmt. Das wenig bekannte frühneuzeitliche Traktat Badāʾiʿ al-Silk fī Ṭabāʾiʿ al-Mulk (Unerhörte Zeilen über die Natur der politischen Herrschaft) des andalusischen Rechtsgelehrten Ibn al-Azraq (st. 1492) ist eine Herrschaftstheorie, die auf den Überlegungen von Ibn Khaldūn aufbaut. Jedoch stellt Ibn al-Azraq das Gemeinwohl (maṣlaḥa) in den Mittelpunkt seiner Herrschaftstheorie und formuliert somit eine Kritik an Ibn Khaldūns Kernbegriff, der ʿaṣabiyya.